Deutsch Intern
Medienpsychologie

Suizidprävention

Projekt „Suizidprävention Deutschland – Aktueller Stand und Perspektiven“

Jedes Jahr sterben in Deutschland etwa 10.000 Menschen durch Suizid. Das sind “mehr Menschen ( ... ) als durch Verkehrsunfälle, AIDS, illegale Drogen und Gewalttaten zusammen” (Fiedler, Schneider, Giegling, Rujescu & Lindner, S. 20). Suizidalität hat nicht nur für die betroffene Person weitreichende Folgen. Auch für Angehörige (Menschen aus dem familiären Umfeld, Freundeskreis oder dem Kollegium, usw.) stellt ein Suizid ein äußerst belastendes Lebensereignis dar. Von jedem vollendetem Suizid sind auch etwa sechs weitere Angehörige betroffen (WHO zitiert nach Fiedler et al., 2021).

Suizidalität: ein komplexes Phänomen

Suizidalität umfasst gesellschaftlich-kulturelle, individuell-psychologische und biologische Aspekte. Suizid und Suizidalität berühren zahlreiche Bereiche und werden darin auch thematisiert u. a. in der Philosophie, den Religions-, Literatur-, Kommunikations-, Neuro- und Rechtswissenschaften. Auch die Soziologie, Medienforschung, Pädagogik, Psychologie, Medizin und Biologie  beschäftigen sich mit Suizidalität. Darüber hinaus spielen (Massen-)Medien im Rahmen der Suizidprävention eine bedeutende Rolle. So nehmen diese einen Großteil unseres Alltags ein (Morgan, Shanahan, & Signorielli, 2015). Je nach Inszenierung können Medienberichte und -darstellungen einerseits das Risiko für Suizid erhöhen (Werther-Effekt, Phillips, 1974), andererseits können diese auch suizidhemmend wirken (Papageno-Effekt, Niederkrotenthaler et al., 2010). Die Rolle der Medien ist daher nicht zu unterschätzen. Aus diesem Grund engagiert sich der Lehrstuhl für Medienpsychologie im Rahmen der Suizidprävention. Denn Suizidprävention ist nur interdisziplinär unter Beteiligung vieler unterschiedlicher Experten/innen und Laien möglich.

Um nachhaltig zu wirken und die Tabuisierung suizidalen Verhaltens aufzuheben, ist die Beteiligung möglichst vieler gesellschaftlicher Institutionen und Organisationen notwendig. Suizidprävention sollte die Angehörigen und weitere Betroffene mit einbeziehen. Von jedem Suizid bzw. Suizidversuch sind laut WHO im Durchschnitt mindestens sechs Angehörige betroffen, die oft auch selbst Hilfe benötigen. Suizidales Verhalten von Angehörigen führt aufgrund von depressiven Syndromen mit Gedanken an Schuld häufig zu weiterem suizidalen Verhalten. Ebenso berücksichtigt werden müssen weitere nahestehende Menschen (z.B. Arbeitskollegen, Mitschüler), in Ausübung ihres Berufes mit Suiziden konfrontierte Menschen (z.B. Ärzte, Therapeuten, Angehörige von Pflegeberufen, Polizisten, Feuerwehrangehörige u.v.a.m.) sowie Zeugen suizidaler Handlungen.

Suizidprävention in Deutschland: Mitwirkung in der Teilprojektgruppe "Suizidprävention in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit"

Der Lehrstuhl für Medienpsychologie beteiligte sich u.a. an dem Projekt “Suizidprävention Deutschland”, das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gefördert wurde mit dem Ziel, die Suizidprävention in Deutschland zu verbessern und so diese Zahl zukünftig deutlich zu senken (www.suizidpraevention-deutschland.de). Hierzu bewilligte das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) Fördermittel, u.a. für einen Statusbericht. Dieser wurde im Jahr 2021 fertiggestellt und ist zu finden unter: https://www.naspro.de/dl/Suizidpraevention-Deutschland-2021.pdf

Adler, D. C., Fiedler, G., Müller-Pein, H., Rauchfuß, K., Schäfer, M., & Schwab, F. (2021). Suizidprävention in den Medien und der Öffentlichkeitsarbeit. In B. Schneider, R. Lindner, I. Giegling, S. Müller, H. Müller-Pein, D. Rujescu, B. Urban, & G. Fiedler (Hrsg.), Suizidprävention Deutschland - Aktueller Stand und Perspektiven (S. 61-91). Deutsche Akademie für Suizidprävention e. V. (DASP). DOI: 10.17170/kobra-202107014195

Die Arbeit in der Teilprojektgruppe wird von allen Mitgliedern unter dem Titel "AG Medien" (Sprecher: Prof. Frank Schwab; u.a. Mitglied: Dorothea C. Adler) auch nach Vollendigung des Statusberichts und Förderung durch das BMG weitergeführt, um die Suizidprävention in Deutschland weiter voranzutreiben.

Sommersemester 2022: Crossmediale Kampagne zu Suizidprävention

Im Rahmen des Seminars Medienpraxis (6. Semester, Bachelor) haben Studierenden das Motto der IASP (International Association for Suicide Prevention) “Aktiv werden und Hoffnung schaffen“ zum WSPD aufgegriffen und medial umgesetzt: mit viel Engagement wurden sie aktiv und haben eine Kampagne erstellt. Um das Thema zu enttabuisieren und die Suizidprävention stärker in die Öffentlichkeit zu bringen, wurde dem Thema u.a. ein ganzer Tag gewidmet. So findet jährlich am 10. September der Welttag der Suizidprävention statt (http://welttag-suizidpraevention.de/). Das Motto lautet "Aktiv werden und Hoffnung schaffen". Diesem Motto hat sich das Seminar Medienpraxis unter Leitung von Dorothea Adler angenommen, mit dem Ziel die Suizidprävention im Sinne der Enttabuisierung stärker voranzutreiben und diesen Welttag mit seiner wichtigen Botschaft bei der breiten Bevölkerung stärker zu verankern. Frau Müller-Pein bereicherte das Seminar durch semesterbegleitende Blockveranstaltungen, in denen tatkräftig an entsprechenden Medienprodukten gearbeitet wurde. In diversen Medien waren im Jahr 2022 allgemeine Informationen zum Thema Suizid zu finden, um die Relevanz für die Gesamtbevölkerung hervorzuheben; aber auch Informationen zu Warnsignalen sowie den Umgang mit Angehörigen in Krisensituationen. Auch professionelle Hilfsangebote erstreckten sich über alle Medienprodukte, sodass potentiell Betroffenen die Hilfesuche erleichtert wird. Zuletzt wird auch der Welttag für Suizidprävention erwähnt. Natürlich ist das erst ein Anfang. Ob und inwieweit die Kampagne Wirkung zeigt, entscheiden die Würzburger:innen selbst.

 

Literaturverzeichnis:
Fiedler, G., Schneider, B., Giegling, I., Rujescu, D., & Lindner, R. (2021). Suizidalität und Suizidprävention in Deutschland – Ein Blick auf den gegenwärtigen Stand. In  B.Schneider, R.Lindner, I. Giegling, S. Müller, H. Müller-Pein, D. Rujescu, B. Urban, & G. Fiedler (Hrsg.), Suizidprävention DeutschlandAktueller Stand und Perspektiven (S. 17- 40). Deutsche Akademie für Suizidprävention e.V.. doi: 10.17170/kobra-202107014195

Morgan, M., Shanahan, J., & Signorielli, N. (2015). Yesterday's new cultivation, tomorrow. Mass Communication & Society, 18(5), 674–699. doi: 10.1080/15205436.2015.1072725

Niederkrotenthaler, T., Voracek, M., Herberth, A., Till, B., Strauss, M., Etzersdorfer, E., ... & Sonneck, G. (2010a). Role of media reports in completed and prevented suicide: Werther v. Papageno effects. The British Journal of Psychiatry, 197(3), 234-243. doi: 10.1192/bjp.bp.109.074633

Phillips, D. P. (1974). The influence of suggestion on suicide: Substantive and theoretical implications of the Werther Effect. American Sociological Association. 39(3), 340-54. doi: 10.2307/2094294