Würzburg wie es früher mal aussah
11.03.2013Geschichtswerkstatt eröffnet neue Ausstellung im Rathaus – Farbfotos von 1938 bis 2009
Foto-Ausstellung der "Geschichtswerkstatt" schon bei der Eröffnung am Sonntag im Rathaus groß. Das Besondere am "Würzburger Bilderbogen 1938 bis 2009": Die 15. ist die erste Ausstellung der Geschichtswerkstatt, die komplett aus Farbfotografien besteht.
Es lohnt sich, dem Rathaus-Foyer im Grafeneckart in den kommenden zwei Wochen einen Besuch abzustatten: Ältere Menschen finden auf den Bildern die Stadt, wie sie sie einmal kannten. Jüngere Mitbürger erfahren, wie es an den ihnen bekannten Ecken früher einmal ausgesehen hat.
Los geht die historische Reise in den Jahren 1938 bis 1945, vor der Zerstörung der Stadt am 16. März 1945, die sich an diesem Samstag zum 68. Mal jährt. "Diese Bilder zeigen Straßen und Plätze in scheinbar friedlicher Atmosphäre" sagte Peter Hulansky von der Geschichtswerkstatt, der die Ausstellung zusammen mit Alexander Kraus konzipiert hat. Dabei stammen viele Fotografien aus dem Spätsommer 1941 – einer Phase, in der die Nationalsozialisten bereits zahlreiche jüdische Mitbürger in die Vernichtungslager schickten.
Der zweite Teil der Ausstellung zeigt die Stadt in der Phase des Wiederaufbaus bis hin zu einem Foto des neuen Heizkraftwerks an der Friedensbrücke aus dem Jahr 2009. Da sind Kühe in Reih und Glied vor einer Auktion in der Frankenhalle zu sehen, der zerstörte Turm der Neubaukirche im Jahr 1960, die Schäden an der Marienkapelle in den 1970ern und vieles mehr.
Veränderungen im Stadtbild
"Von den 1960er bis zu den 1990er Jahren gab es oft schleichende Veränderungen im Stadtbild, die zum Glück von einigen Menschen fotografisch festgehalten worden sind. Man wird sich so der eigenen Vergangenheit wieder bewusst", so Hulansky. Den Großteil der Bilder hat Alexander Kraus vor einigen Jahren über einen Bekannten in Polen gefunden und gekauft. "Es wurden ja inzwischen auch schon wieder Häuser abgerissen, die erst nach dem Krieg gebaut wurden. Auch das wollten wir zeigen", erklärt Kraus.
Ein Teil der frühen Fotos wurde bereits im Buch "Würzburg 1943 bis 1945 – Bilder aus einer versunkenen Zeit" von Harald Zoepffel und Andreas Mettenleitner verwendet. "Die hat vermutlich ein Soldat gemacht, der Zugang zu den damals sehr teuren Farbfilmen hatte und zu Besuch in Würzburg war", so Mettenleitner.
Oberbürgermeister Georg Rosenthal erinnerte bei der Eröffnung der Ausstellung unter anderem daran, dass durch den alliierten Bombenangriff vom 16. März 1945 1000 Jahre Baugeschichte zerstört wurden: "Das ist der Grund, warum in Würzburg über Veränderungen des Stadtbilds immer so leidenschaftlich diskutiert wird."
Die "Geschichtswerkstatt" hat im letzten Jahr beim Verschönerungsverein Würzburg eine neue Heimat gefunden. Helmut Försch und seine Mitstreiter haben seither nicht nur ihre neue Ausstellung auf die Beine gestellt, sie unterstützen auch die Arbeitsgruppe von Professor Frank Steinicke vom Fachbereich Medieninformatik der Universität, die zusammen mit dem Universitätsbund ein virtuelles dreidimensionales Modell der Stadt entwickelt, mit Bildmaterial und Informationen. "Damit konnten wir das Modell um eine historische Variante erweitern", erläuterte Steinickes wissenschaftlicher Mitarbeiter Rüdiger Beimler.
Studierende des Faches Medienkommunikation zeigten bei der Ausstellungseröffnung am Sonntag ein Video mit virtuellen Darstellungen der Domstraße vor der Zerstörung, aus der Bombennacht und der heutigen Zeit. "Ohne das Material der Geschichtswerkstatt wäre es uns nicht möglich gewesen, dieses Projekt auf die Beine zu stellen", betonte Julia Grellert, die das Video zusammen mit fünf Kommilitonen erstellt hat. Der Film wird am kommenden Samstag ab 11 Uhr im Rahmen der Ausstellung noch einmal gezeigt. Der "Würzburger Bilderbogen 1938 bis 2009" ist im Rathaus zu den üblichen Öffnungszeiten noch bis Freitag, 22. März zu sehen.
Originalartikel: Mainpost